Schaumburg-Lippe 1 - 4
Rösser, Dinos, Lausebengel
- Entdeckungsreise im einstigen Duodez-Fürstentum
Der Heimatdichter Hermann Löns hat es in seiner Satire "Duodez" mit Hohn und Spott überschüttet: Das kleine Fürstentum Schaumburg-Lippe westlich von Hannover war für ihn der Inbegriff deutscher Kleinstaaterei im 19. Jahrhundert. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs hat es bestanden, Fürst Adolf II. dankte nur widerwillig ab. Danach war Schaumburg-Lippe ein Freistaat im Deutschen Reich und ging erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Bundesland Niedersachsen auf. 1975 sprachen sich die Schaumburg-Lipper in einer Volksabstimmung zwar für die politische Eigenständigkeit aus, doch der Bundesgesetzgeber sagte "nein". Heute gehört das einstige Duodez-Fürstentum größtenteils zum neu gebildeten Kreis Schaumburger Land. Aber noch immer gibt es einen Fürsten. Alexander zu Schaumburg-Lippe heißt der derzeitige Herr auf Schloss Bückeburg – und der braucht sich nicht verspotten zu lassen, denn in seinem schönen Ländchen und drumherum gibt es für Besucher viel Interessantes zu entdecken: unter anderem edle Rösser, urzeitliche Dinos und rotzfreche Lausebengel.
Reportagen (Radio hr4, 20.07.2013):

Schaumburg-Lippe 1
Artisten auf vier Hufen
- die Fürstliche Hofreitschule in Bückeburg

Schaumburg-Lippe 2
Der alte Graf und die Pfütze
- eine Fahrradtour um das Steinhuder Meer

Schaumburg-Lippe 3
Diesseits der Stille
- das Geburtshaus Wilhelm Buschs in Wiedensahl

Schaumburg-Lippe 4
Ein Steinbruch voller Dinos
- die Fußstapfen der Urviecher auf dem Bückeberg
Schaumburg-Lippe – eine Begriffserklärung
Erst gab es Grafen, dann Fürsten. Mal ist von Schaumburg-Lippe die Rede, mal nur von Schaumburg oder vom Schaumburger Land. Die Geschichte des Landstrichs im heutigen Niedersachsen ist reichlich verworren und ein Musterbeispiel für die ehemalige deutsche Kleinstaaterei. Kein Wunder, dass sich Hermann Löns darüber lustig machte.
Das historische Schaumburg-Lippe entstand aus der Grafschaft Holstein-Schaumburg, die Gebiete im heutigen Schleswig-Holstein und im heutigen Niedersachsen umfasste. Als der letzte Graf von Holstein-Schaumburg 1640 ohne direkte Nachkommen starb, gab es die üblichen Erbstreitigkeiten. Erst gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, 1647, wurde eine Regelung getroffen: Der holsteinische Besitz um Pinneberg fiel an das Herzogtum Holstein, die eine Hälfte des schaumburgischen Besitzes um Bückeburg fiel an die Verwandtschaft aus der Grafschaft Lippe – die nannten sich dann Grafen zu Schaumburg-Lippe. Die andere Hälfte um Rinteln fiel an die Landgrafen von Hessen-Kassel – deren Herrschaft hieß dann Hessische Grafschaft Schaumburg.
Durch seinen Beitritt zum Rheinbund 1807 wurde Graf Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe mit Napoleons freundlicher Unterstützung zum Fürsten erhoben. Alle Landesherren nach ihm durften dann ebenfalls den Fürstentitel tragen.
Die Hessische Grafschaft Schaumburg hörte 1866 auf zu existieren. Sie wurde von Preußen annektiert, weil sich Hessen-Kassel im sogenannten Deutschen Krieg auf die Seite des unterlegenen Österreichs gestellt hatte. Fürst Adolf I. zu Schaumburg-Lippe dagegen hatte sich neutral verhalten und seiner Herrschaft damit das Überleben gesichert.
Der heutige niedersächsische Kreis Schaumburger Land umfasst im Wesentlichen die ehemaligen Gebiete des Fürstentums Schaumburg-Lippe und der Hessischen Grafschaft Schaumburg. Bei der Gebietsreform in den 1970er Jahren wurden aber auch Teile abgetrennt und benachbarten Kreisen zugeschlagen. So gehört der ehemals schaumburg-lippische Teil des Steinhuder Meers heute zum Landkreis Hannover. Dagegen gehörten die ebenfalls auf den nachfolgenden Seiten erwähnten Orte Wiedensahl und Obernkirchen zwar früher mal zur Grafschaft (Holstein-)Schaumburg und heute zum Schaumburger Land, aber nie zu Schaumburg-Lippe. Dass sie hier unter der Überschrift "Schaumburg-Lippe 1-4" quasi "eingemeindet" werden, ist also streng genommen ein Eitkettenschwindel, aber damit zu rechtfertigen, dass sich die gesamte Region als touristische Einheit begreift. Schließlich liegen Bückeburg und Obernkirchen beispielsweise nur fünf Kilometer voneinander entfernt. Zudem ist der Name Schaumburg-Lippe unverwechselbar. Den Namen Schaumburg dagegen gibt es mehrmals in Deutschland.
Graf Albrecht Wolfgang - Deutschlands erster Freimaurer
Einer der herausragenden Vertreter des Hauses Schaumburg-Lippe war Graf Albrecht-Wolfgang (1728 - 1748). Der Anhänger des "Aufgeklärten Absolutismus" ging als erster Freimaurer Deutschlands in die Geschichte ein. Nach ihm ist heute die Loge Stadthagen benannt.
Albrecht Wolfgang verbrachte einen Teil seiner Jugend in England und kam dort mit der Freimaurerei in Kontakt. Wohl 1723 wurde er Mitglied einer Londoner Loge.
1738 war Albrecht Wolfgang zu einem Diner bei Friedrich Wilhelm I. von Preußen geladen. Als der "Soldatenkönig" eine abfällige Bemerkung über die Freimaurer machte, wagte es der Graf aus dem kleinen Schaumburg-Lippe zu widersprechen und sich als Anhänger der humanistischen Bewegung zu bekennen. Dieser "Mut vor dem Königsthron" brachte der Freimaurerei in Deutschland einen großen Image-Gewinn ein. Selbst dem preußischen Kronprinzen Friedrich imponierte das beherzte Auftreten des Grafen gegenüber seinem despotischen Vater. Mit dessen Fürsprache wurde der Prinz (und spätere König Friedrich II.) in die Hamburger Loge aufgenommen. Sie war die erste deutsche Freimaurer-Loge überhaupt und erst ein Jahr zuvor gegründet worden.
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