Die junge Donau 1

FÜRSTEN, FELSEN, FLUSSVERSINKUNG
- mit dem Fahrrad von Donaueschingen nach Sigmaringen

Wo beginnt eigentlich die Donau? Das ist eine alten Streitfrage. "Brigach und Breg bringen die Donau zuweg", haben wir in der Schule gelernt, also die beiden Schwarzwaldflüsschen, die in Donaueschingen zusammentreffen, bilden die Quellflüsse von Europas zweitlängstem Strom. Das ist aber nur eine Version. Die Donaueschinger reklamieren den Ursprung der Donau nämlich für ihre Stadt. Im Park des Fürstlich Fürstenbergischen Schlosses sprudelt eine Quelle, die schon die alten Römer als Donauquelle bezeichnet haben. Hier beginnt auch der Donau-Radweg, der bis Ulm – und weiter bis nach Wien und darüber hinaus – führt. Aber man sollte natürlich nicht einfach so losradeln, ohne die angebliche Donauquelle in Augenschein genommen zu haben.

Reportage (Radio hr4, 06.10.2007; hr-iNFO, 20.10.2007; DW, 06.04.2008):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

Die in Stein gefasste Quelle sieht aus wie ein überdimensionaler Brunnen. Darüber thront die Statue der "Mutter Baar", deren ausgestreckter Arm zum Schwarzen Meer hin weist. Das Monument soll aller Welt klarmachen: Vergesst Brigach und Breg, hier ist die wahre Donauquelle. Und Bruno Müller von der Fürstlichen Parkverwaltung in Donaueschingen beruft sich auf keinen Geringeren als den römischen Feldherrn (und späteren Kaiser) Tiberius. Der nämlich benannte bereits 15 vor Christus diese Quelle als Donau-Ursprung.

[O-Ton Bruno Müller:]
"Hinter der Donauquelle, die heutige Parklandschaft, ist damals ein Sumpfgebiet gewesen, und da kann man sich vorstellen, im Sumpfgebiet kann man nicht erkennen, was hinterm Sumpf ist, aber hier war die Quelle eindeutig erkennbar."

Ein historischer Irrtum oder nicht? Diese Frage bleibt unbeantwortet, also treten wir in die Pedale und folgen dem Wasser der Donauquelle, bis es sich in die Brigach ergießt. Schon nach rund zehn Minuten erreichen wir den Zusammenfluss von Brigach und Breg. Spätestens von hier ab ist die Donau wirklich die Donau. Aber kaum zehn Kilometer weiter, kurz hinter Immendingen, ist sie spurlos verschwunden. Blubb, blubb, weg war sie. Geblieben ist ein ausgetrocknetes Flussbett wie ein Wadi in der Wüste – die so genannte Donauversinkung. Bruno Müller hat uns schon darauf vorbereitet:

[O-Ton Bruno Müller:]
"Ein Teil des Wassers verschwindet im Boden und kommt etwa 20, 25 Kilometer weiter als Aachquelle wieder zum Vorschein. Hier hat man auch den Versuch gemacht mit Färbung des Wassers, mit Salz, und hat festgestellt, dass nach einer gewissen Zeit, nach circa 24 Stunden, dieses Wasser unten in der Aachquelle vorkommt."

Und dieses Wasser kommt nie im Schwarzen Meer an, sondern fließt über die Aach in den Bodensee und dann über den Rhein in die Nordsee. In regenarmen Zeiten versickert die Donau bis auf den letzten Tropfen. Die Nebenflüsschen Krähenbach in Möhringen und Elta in Tuttlingen werden dann zu neuen Quellflüssen der Donau. Also, da soll sich noch einer auskennen! Wenigstens unser Radweg hat sich nicht verdünnisiert. Und das ist gut so, denn hinter Fridingen nähern wir uns dem landschaftlich wohl reizvollsten Teil unserer Reise, wo sich die Donau mühsam durch den Kalkstein gefressen hat und das Flusstal eng wird wie ein Canyon.

Brigach (rechts) und Breg
Donauversinkung bei Immendingen
Hohenzollernschloss Sigmaringen

[O-Töne Touristen:]
"Also, grad' jetzt hier, kurz vorm Kloster Beuron, die Felsen und so, das isch ein schöner Anblick und die Häuser oben und die Burg."
"Die Landschaft hier mit dene Berge und die Felse, die Häuser..."
"Mer sieht ja alles: Wasser, Felsen, Wiesen, Täler – wunderschön hier!"

Und dabei kommt der eigentliche Höhepunkt erst noch: das imposante Hohenzollernschloss in Sigmaringen. Ein Hort von Kunstschätzen, der seinesgleichen sucht, und Symbol von Reichtum und Macht der fürstlichen Familie. Zum deutschen Kaiserthron hat es zwar nicht gereicht – den besetzte eine andere Linie der Hohenzollern – aber auf  einen Königsthron hat es ein Spross der Sigmaringer geschafft, erzählt Schlossführerin Birgit Schepsky:

[O-Ton Birgit Schepsky:]
"Die Rumänen haben im Hause Hohenzollern nachgefragt, ob Karl das übernehmen würde als König, um einfach die politische Zerrissenheit, in der sich Rumänien befand, zu stabilisieren und wieder ein festes Land daraus zu machen. Er hat 'ja' gesagt und hat mit seiner Frau Elisabeth zu Wied das Ganze übernommen."

Seine Verwandten bewohnen noch heute das fürstliche Schloss an der Donau, die Sigmaringen auch mit Rumänien verbindet. Aber bis dahin ist es mit dem Fahrrad dann doch etwas zu weit.

 

 

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