Korbach (Hessen)

NACH GOLDE DRÄNGT DOCH ALLES
- Besuch im Goldbergwerk von Goldhausen

"Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles" – Gretchens geflügeltes Wort aus Goethes "Faust" bewahrheitet sich auch in Korbach, der kleinen nordhessischen Kreis- und Hansestadt. Dort, am Eisenberg, im heutigen Stadtteil Goldhausen, wurde Jahrhunderte lang nach dem wertvollen Edelmetall geschürft – mit Unterbrechungen bis in die 1970er Jahre. Mehr als eine Tonne Goldstaub haben die Bergleute insgesamt zu Tage gefördert, und Experten vermuten mindestens nochmal so viel in den Tiefen des Gesteins. Korbach kann sich deshalb des größten Goldvorkommens in ganz Deutschland rühmen. Aber selbst mit modernen Maschinen wären heutzutage die Kosten für den Abbau höher als der Ertrag. Deshalb liegt die Grube still und kann besichtigt werden. Die geführten Touren sind bei Besuchern der kleinen Hansestadt sehr beliebt, denn nach Golde drängt doch alles.

Reportage (Radio SWR4 RP, 17.01.2021):

[Atmo: Schritte]

Ausgerüstet mit Stirnlampen, Ostfriesennerz und Gummistiefeln betreten wir den Besucherstollen in Goldhausen. Von oben tropft es herab, am Boden haben sich Pfützen gebildet. Gerald Berberich, unser Guide, leuchtet mit der Taschenlampe die Wände ab. In den Spalten des Gesteins sucht er nach Pyrit, einem braunen Schlamm, der winzige Partikel von Gold enthalten kann:

[O-Ton Gerald Berberich 1:]
"Man kann da gerne mal 'ne Probe machen, den Finger da mal reinstecken in diesen braunen Schlamm, sich vielleicht auf die Hand mal draufmachen, dann 'n bisschen antrocknen lassen. Wenn wir nachher raus ans Tageslicht kommen – mit ein bisschen Glück könnte dann ein kleines Goldflitterchen mit dabei sein."

Aber sehr ergiebig ist das nicht. Drum haben sich die Bergleute zuletzt in den 1920er Jahren auf sogenannte Ruschelzonen konzentriert. Eine davon zeigt uns Gerald Berberich an einer Gabelung des Stollens.

[zum Anhören klicken: O-Ton Gerald Berberich]

"Eine Ruschelzone besteht aus Gesteinsschichten, die durch den Gebirgsdruck zerrieben worden sind, und in dieses poröse Material konnten mineralhaltige Wässer sehr viele Goldpartikel ablagern, das heißt der Goldgehalt war sehr hoch. Pro Tonne Gestein konnte der bis tausend Gramm betragen. Das ist ungeheuer viel. Der normale Goldgehalt hier im Eisenberg liegt zwischen zwei und fünf Gramm, in den Lagerstätten vielleicht auch mal zehn Gramm."

Ostfriesennerz und Gummistiefel
Pyrit - auch Katzengold genannt
Versteinerte Meeresmuschel

Ein Stückchen weiter stehen noch ein paar Geräte und Utensilien herum, die Einblicke in den Arbeitsalltag der Goldgräber geben.

[O-Ton Gerald Berberich 3:]
"Hier haben wir den Butterplatz des Bergmannes. Hier hat er seine Pause gemacht. Hier hat er seinen Bohrhammer stehen. Da wurde das Bohrgestänge vorne eingespannt. Er hat ja dann Bohrlöcher dort reingebohrt, dort wurden dann die Sprengpatronen versenkt, und dann hat's 'ne Sprengung gegeben, und so haben die sich hier also vorwärtsgearbeitet."

Neben Gold wurden im Eisenberg auch andere Metalle gefunden wie Eisen oder Kupfer. Bei unserem Rundgang entdecken wir zudem Fossilien von Meerestieren, die Hunderte Millionen Jahre alt sind. Aber wer vielleicht gehofft hat, selbst auf eine Goldader zu stoßen, wird am Ende der Tour enttäuscht. Auch der braune Schlamm auf Gerald Berberichs Hand enthält kein Edelmetall.

[O-Ton Gerald Berberich 4:]
"Wenn ich jetzt hier im Tageslicht schaue, haben wir kein Glück gehabt. Es ist nur Mineralablagerungen zu sehen von Eisen und Hämatit. Ja, tut mir Leid!"

Ist schon okay, denn auch wenn wir keine materiellen Schätze mit nach Hause nehmen können – um viele interessante Erfahrungen sind wir jetzt reicher.

 

__________________________________________________

Hinweis:

Die Führungen im Korbacher Goldbergwerk finden nur von April bis Oktober statt. Während der Corona-Pandemie fallen sie ganz aus.

 

__________________________________________________

DAS GOLD UND DIE HANSE
- wie in Korbach beides zusammenhängt

Seit 2013 darf sich Korbach als einzige hessische Stadt offiziell mit dem Namenszusatz "Hansestadt" schmücken. Ein Genehmigungsverfahren ging voraus, denn es musste erst einmal nachgewiesen werden, dass die Kreisstadt des Landkreises Waldeck-Frankenberg im Mittelalter tatsächlich der Hanse angehörte. Es gab nur wenige schriftliche Zeugnisse (u.a. eine Urkunde aus Reval, der heutigen estnischen Hauptstadt Tallinn, in der Korbach erwähnt wird), aber die haben am Ende das hessische Innenministerium als Genehmigungsbehörde überzeugen können.
Viele Nicht-Korbacher fragen sich allerdings, wieso eine Kleinstadt tief im deutschen Binnenland und nicht mal an einem schiffbaren Fluss gelegen einem mittelalterlichen Handelsverbund angehören konnte, der mit seiner Flotte hauptsächlich den Nord- und Ostseehandel beherrschte. Doch die Hanse betrieb nicht nur Seehandel. Ihre Verbindungen reichten von den Küsten weit nach Süden bis Krakau, Breslau oder Köln. Gerade die Metropole am Rhein spielte eine wichtige Rolle im Hanse-Verbund. Köln war das Oberzentrum von fast 50 Städten im westfälischen Raum, die sich heute alle rühmen einstmals Hansestädte gewesen zu sein. Denn auch auf dem Landweg wurden im Mittelalter Waren transportiert. Und Korbach lag an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen – der "Heidenstraße" von Köln nach Leipzig sowie der "Weinstraße" von Frankfurt am Main nach Bremen.
Womit haben die Korbacher Kaufleute gehandelt? Hauptsächlich mit Tuch. Die Nähe zu Flandern, wo Europas beste Tuchmacher ansässig waren, machte es möglich.
Wurde auch mit Gold gehandelt? Das ist nicht eindeutig erwiesen, aber sehr wahrscheinlich. Nicht nur weil die Grafen von Waldeck, denen das Goldbergwerk bei Korbach gehörte, chronisch klamm waren und das Geld brauchten. Stadtführer Heinz Merl kennt noch andere Gründe:

[zum Anhören klicken: O-Ton Stadtführer Heinz Merl]

 

__________________________________________________

Hier geht's zurück zum Start.