Rund um den Ith 2

ZOTTELIGE URVIECHER
- unter Wisenten im Saupark Springe

Vom Nordrand des Ith-Gebirges blickt man auf ein großes Waldgebiet. Dahinter verbirgt sich der so genannte Saupark Springe. Einst gingen dort die Könige von Hannover auf die Jagd nach Wildschweinen und Hirschen. Auch heute noch gibt es hier einen großen Bestand an jagdbarem Wild. Das Forstamt aber hat sich längst dem Schutz der heimischen Tiere verschrieben. Ein 90 Hektar großes Gehege beherbergt mehr als 100 mitteleuropäische Arten von einst und heute. Unumstrittene Stars jedoch sind die mächtigen Wisente, zottelige Wildrinder, die eng mit dem amerikanischen Bison verwandt und in deutschen Wäldern schon lange ausgestorben sind. Dass es sie überhaupt noch gibt, ist dem Saupark Springe zu verdanken, denn dort wurde 1928 eine Zuchtstation gegründet, um die Art zu erhalten.

Reportage (Radio hr4, 28.01.2006):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

[Atmo: grunzende Wildschweine]

Sie machen sich am lautesten bemerkbar – die Wildschweine, denen der Saupark seinen Namen verdankt. Die Wisente im Gehege gleich nebenan sind eher stille Genießer. Nichtsdestotrotz ziehen sie die Besucher in Scharen an. Offenbar strahlt keine andere Art im Tierpark von Springe eine solche Faszination aus.

[O-Töne Saupark-Besucher:]
"Diese Gewaltigkeit, diese Größe dieser Apparate."
"Das is'n Urtier. Das ist kein Fossil, also 'n lebendes Fossil eigentlich. Doch, mich faszinieren die unheimlich."

Und die Faszination, die Oma und Opa empfinden, strahlt auch auf die Enkel ab.

[O-Töne Kinder:]
"Dass sie so dick sind und 'n großes Fell haben."
"Vielleicht weil sie 'n bisschen Furcht einflößend sind – dieser Kopf und der Buckel."

Mehr als 30 Exemplare dieser buckligen Kaventsmänner bevölkern heute das Wisentgehege im Saupark. Sie sind die größten Tiere Europas – bis zu zwei Meter hoch werden sie und bis zu einer Tonne schwer. Selbst Forstamtsleiter Joachim Menzel, der seit Jahren mit ihnen zu tun hat, gerät immer noch ins Schwärmen, wenn er auf seine Wisente zu sprechen kommt.

[O-Ton Joachim Menzel:]
"Sie sind schon sehr urwüchsige Tiere, allein durch ihre Körpergröße und durch ihre äußere Erscheinung. Das hat schon was. Sie sind Urviecher, wenn man so will."

Auf den ersten Blick fühlt man sich an eine Büffelherde erinnert, wie man sie aus Wildwest-Filmen kennt. Die Ähnlichkeit der Wisente mit amerikanischen Bisons ist verblüffend. Nur der Fachmann erkennt die Unterschiede sofort.

[O-Ton Joachim Menzel:]
"Der amerikanische Bison wirkt etwas massiger. Das kommt dadurch, dass er den Kopf etwas tiefer trägt und der Widerrist sich dadurch optisch noch höher aufwölbt, als das beim Wisent in Erscheinung tritt. Er hat so einen schwarzen Wuschelkopf und an den Vorderläufen schwarze, behaarte Hosen, wie man das bezeichnet. Auch die Ausformung der Hörner ist etwas anders, liegen beim Bison sehr viel dichter am Kopf dran, während sie beim Wisent weit gekrümmt nach vorne 'rauskragen."

Joachim Menzel im Saupark
Weitgehend reinrassiger Wisent
Namensgeber des Sauparks

Vor dem Ersten Weltkrieg lebte auch in Deutschland noch eine Handvoll Wisente in freier Wildbahn. Doch durch Krankheiten und Wilderei wurden die letzten Tiere dahingerafft. Nur in Zoologischen Gärten blieben ganze 56 von ihnen erhalten. Da taten sich Naturschützer und Forstleute zusammen und gründeten das Schutzgehege im Saupark Springe. Durch Kreuzung eines Wisentbullen aus dem Berliner Zoo mit amerikanischen Bisonkühen züchteten sie allmählich wieder einen überlebensfähigen und inzwischen auch wieder weitgehend reinrassigen Bestand heran. Und darauf ist der heutige Forstamtsleiter ein bisschen stolz.

[O-Ton Joachim Menzel:]
"Wir sind sicherlich in dieser Form das älteste Wisentgehege. Es hat vor dem staatlichen Wisentgehege Springe einige private Haltungen gegeben, das waren aber mehr so Liebhaberzuchten, die mit diesem Erhaltungszuchtprogramm nichts zu tun hatten. Was die Erhaltungszuchtstätten anbetrifft, sind wir die älteste auf deutschem Boden, und ich glaube neben dem Damerower Werder – das ist in Mecklenburg – ist es auch die zahlenmäßig größte Herde."

Jetzt kommt es darauf an, meint Joachim Menzel, dass wieder mehr Wisente ausgewildert werden. Das geht aber nur in den dünn besiedelten Gebieten Osteuropas, schränkt er ein. In unseren heimischen Wäldern werden wir wohl nie wieder auf die zotteligen Urviecher stoßen.

[O-Ton Joachim Menzel:]
"Durch unsere Verkehrsdichte, durch unsere Infrastruktur und durch die dichte Besiedlung ist dem Wisent im Grunde der Lebensraum genommen. Und man muss sich vorstellen, die würden bei uns in der Landschaft frei leben und dann irgendwann steht 'ne Herde auf der Straße oder auf der Autobahn. Das kann man sich gar nicht ausmalen, was bei der Körpermasse dieser Tiere dann für Unfälle zwangsläufig das Ergebnis wären."

Also bleibt doch nur der Besuch im Saupark Springe, um Wisente in großer Zahl zu sehen. Und da gibt's auch noch andere Tiere, die früher in Deutschland heimisch waren: Wölfe, Bären, Luchse und Elche zum Beispiel. Und natürlich nicht zu vergessen – die Namensgeber des Sauparks:

[Atmo: grunzende Wildschweine]

 

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Hier geht's zu Baron Münchhausen und der Reportage Rund um den Ith 3.