Regensburg 2


RÖMER UND REICHSTAG
- historischer Rundgang in der Altstadt

Heute, im 3. Jahrtausend nach Christus, ist Regensburg eine gemütliche Provinzstadt mit rund 150.000 Einwohnern. Fernab der politischen und wirtschaftlichen Metropolen Deutschlands. Doch in früheren Zeiten nahm es eine viel bedeutsamere Stellung ein: Schon zu Beginn des 1. Jahrtausends ließ der römische Kaiser Marc Aurel hier sein Legionslager Castra Regina errichten, als Bollwerk gegen die Germanen nördlich der Donau. Gegen Ende des 1. Jahrtausends machten bajuwarische Herzöge und ostfränkische Karolingerkönige die Stadt zum Zentrum ihrer Reiche. In der Frühzeit des 2. Jahrtausends wurde sie von Staufer-Kaiser Friedrich II. zur Freien Reichsstadt erhoben. Immer wieder fanden hier Reichsversammlungen statt, bei denen wichtige staatspolitische Entscheidungen getroffen wurden. Zeitweise war Regensburg sogar Sitz des "Ständigen Reichstages". Gekrönte Häupter und ausländische Gesandte gaben sich ein Stelldichein. Man kann also sagen, Regensburg war lange Zeit die heimliche Hauptstadt Deutschlands. Und die ehemalige große Bedeutung ist im historischen Stadtkern noch heute an jeder Ecke sichtbar. Bei einem geführten Rundgang durch die Jahrtausende wird sie wieder lebendig.

Reportage (Radio hr4, 14.07.2012; rbb-INFOradio, 24.11.2012):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

Die geballte Geschichte von zwei Jahrtausenden – wo soll man da anfangen? Am besten ganz vorne: beim ältesten Bauwerk von Regensburg, der Porta Praetoria. Sie ist neben der Porta Nigra in Trier das einzige erhaltene römische Stadttor auf deutschem Boden. Heute unweit des Doms gelegen, begrenzte sie zu Zeiten Marc Aurels das Lager Castra Regina, erläutert Stadtführerin Michaela Ederer:

[O-Ton Michaela Ederer:]
"Die Porta Praetoria war eben das Nordtor dieses 'Castra Reginas', wo man eben dem Feinde zugewandt auch dieses imposanteste Tor gestaltet hat mit zwei Flankentürmen, zwei Bögen, die sie verbunden haben, und von hier aus eben die germanischen Feinde bewachen konnte."

Dass sie noch so gut erhalten ist, war ein wichtiges Kriterium für die Anerkennung Regensburgs als Weltkulturerbe. Aber bei weitem nicht das einzige. Denn keine andere deutsche Großstadt hat noch so viel gut erhaltene mittelalterliche Bausubstanz aufzuweisen. Da sind die engen Gassen mit ihren windschiefen Giebeln, die sich beinahe berühren. Da sind die Patrizierhäuser mit ihren in den Himmel ragenden Geschlechtertürmen nach italienischem Vorbild. Und da ist vor allem das trutzig wirkende Alte Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, in dessen Ratssaal Kaiser, Fürsten und Stände ihre Reichstage abhielten.

Mittelalterliche Bausubstanz
Geschlechterturm
Decke des Kaisersaals

[O-Ton Michaela Ederer:]
"Ganz vorne unterm Baldachin mit dem Doppelkopfadler der Thron des Kaisers. Rechts und links daneben auf den roten Bänken dann die Kurfürstensitze. Dann eben auf den langen Bänken – drum auch der Spruch: 'etwas auf die lange Bank schieben', denn wenn die Entscheidungen nicht getroffen wurden, dann wurde das halt vertagt, also auf die lange Bank geschoben, wo die Fürsten ihren Sitz hatten. Und dann eben auf den unteren Bänken die Reichsstände, Reichsstädte, die hier auf den etwas erniedrigten Sitzen gesessen haben."

Nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt ist das älteste Hotel der Stadt, "Zum goldenen Kreuz". Hier stieg schon Kaiser Karl V. im 16. Jahrhundert ab, wenn er in Regensburg weilte. Und andere Herrscher folgten ihm.

[O-Ton Michaela Ederer:]
"Im 'Goldenen Kreuz' gibt's ja heute noch den Kaisersaal, der den Namen heute noch trägt, wo eben auch viele Jahre eine ganz berühmte Köchin, die Marie Schandri, diese Könige bekocht hat – im 19. Jahrhundert allerdings dann erst – und wo König Ludwig zum Beispiel von dieser Frau auch bekocht wurde, und da gibt's heute noch in Regensburg das Marie-Schandri-Kochbuch mit den ursprünglichen Rezepten auch dieser Frau."

Haidplatz mit dem "Goldenen Kreuz"
Café in ehem. Schnupftabakfabrik
Schützenswertes Weltkulturerbe

Im "Goldenen Kreuz" steigen zwar nur noch Normalsterbliche ab, es wird aber nach wie vor als Hotel genutzt. Und überhaupt ist die Regensburger Altstadt kein Freilichtmuseum, sondern verknüpft die glorreiche Geschichte mit dem modernen Leben. Als Paradebeispiel nennt Michaela Ederer die alte Schnupftabakfabrik. Sie wurde im 19. Jahrhundert in einem mittelalterlichen Patrizierhaus und späteren Wohnsitz der Fürstenfamilie von Thurn und Taxis eingerichtet. Auch diese Fabrik gibt es nicht mehr, aber das Gebäude lebt sozusagen fort.

[O-Ton Michaela Ederer:]
"Ganz modern eben jetzt hier in diesen Innenräumen zwei Cafés, wo die Leute sich schön entspannen können. In den Etagen dann die Privatwohnungen, Firmenräume, also ganz moderne Nutzung dieser alten Häuser. Das ist, glaub' ich, einzigartig."

Noch fast 17.000 Menschen leben im historischen Zentrum von Regensburg. Wenn sie ihr Weltkulturerbe weiterhin schützen und pflegen, wird es vielleicht auch dieses dritte Jahrtausend schadlos überstehen.

 

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