Luzern 1

RIESENHAFT
- klassische Stadtführung mit Rebecca Sisler

Als sie 1993 niederbrannte, war die ganze Welt erschüttert. Luzerns hölzerne Kapellbrücke aus dem Mittelalter ist UNESCO-Welterbe und wohl berühmtestes Bauwerk der Stadt. Zum Glück konnte sie rekonstruiert und schon ein Jahr später wieder eingeweiht werden. Seitdem überbrückt sie wie eh und je die Reuß, verbindet die Luzerner Altstadt mit der Neustadt. Die Kapellbrücke gilt neben dem Matterhorn als meistfotografierte Sehenswürdigkeit der Schweiz. Und sie ist nur eine Attraktion von vielen. Bei einem klassischen Rundgang von zwei Stunden schaffen es Luzerner Stadtführer wie Rebecca Sisler bei weitem nicht, alle Highlights vorzustellen. Nur die ganz großen – und davon gibt es einige in Luzern, riesenhafte sogar.

Reportage (rbb-INFOradio, 02.12.2007):

[zum Anhören klicken: komplette Reportage]

[Atmo-Ton Stadtführerin Rebecca Sisler:]
"Also, ich begrüße Sie im Namen von Luzern Tourismus recht herzlich in Luzern, eine der schönsten Städte auf der Welt..."

Understatement scheint nicht Rebecca Sislers Sache. Aber Übertreibung auch nicht. Den Beweis will sie in den kommenden zwei Stunden liefern. Ausgangspunkt ihrer Führung ist das neue Kultur- und Kongresszentrum am Ufer des Vierwaldstättersees. Ein riesenhafter Koloss des Stararchitekten Jean Nouvel. In der gläsernen Fassade spiegelt sich die Silhouette der Altstadt. Und dorthin führt nun unser Weg, zu ihrem Wahrzeichen, dem achteckigen Wasserturm. Seine gut 700-jährige Geschichte hat auch manch finsteres Kapitel.

[O-Ton Rebecca Sisler:]
"Im Wasserturm hat es unterhalb des Wasserspiegels ein Verlies. Die Mauern sind viereinhalb Meter dick, es ist dunkel, es ist feucht, und es hat keine Fenster. Und die Häftlinge, die mussten auf einem Seil sitzen, man hat sie da hinuntergelassen, das Seil hochgezogen und das Verlies mit einem Gitter geschlossen. Aber bevor man sie hinuntergelassen hat, hat man diese Leute noch gefoltert, weil gleich darüber befand sich die Folterkammer."

Zum Wasserturm führt die hölzerne Kapellbrücke, die ebenfalls schon im 14. Jahrhundert gebaut wurde. Malereien unter ihrem Dach dokumentieren die Stadtgeschichte. Gleich die erste zeigt den legendären Ur-Luzerner, einen Riesen, genannt: der "Wilde Mann".

[O-Ton Rebecca Sisler:]
"Ein Bauer in der Nähe von Luzern, in Reiden, der hat sein Feld gepflügt, und er ist auf riesige Knochen gestoßen. Und er hat gedacht, dass unsere Vorfahren Riesen waren. Natürlich waren's Mammutknochen, aber zu dieser Zeit hat noch nie jemand von einem Mammut gehört." 

Rebecca Sisler bei der Stadtführung
Turm war Folterkammer und Verlies
"Wilder Mann" auf der Kapellbrücke

Ein Riesenirrtum also, aber die Luzerner konnten fortan mit ihrem riesenhaften Ahnen prahlen und den Nachbarn ein bisschen Angst einjagen. Wir aber lassen uns vom "Wilden Mann" nicht abschrecken und schlendern über die Brücke von der Neustadt hinüber in die Altstadt. An den prächtigen Patrizierhäusern aus der Zeit der Renaissance wird deutlich, dass Luzern früher eine reiche Handelsstadt war. Und auch hier haben sich etliche Künstler verewigt. Kunterbunt zum Beispiel ist das Fritschi-Haus am Sternenplatz, dessen Front über und über mit Figuren der Luzerner Fasnacht bemalt ist. So gleicht ein Gang durch die Altstadt dem Besuch einer riesenhaften Gemäldegalerie. Besucher sind fasziniert:

[O-Ton Touristin:]
"Es hat wunderschön bemalte Häuser, das hab' ich noch selten in einer Stadt gesehen. Die Fassaden sind herrlich und die leuchten noch immer so. Das ist wunderschön."

Eines der bedeutendsten Baudenkmäler ist das Am-Rhyn-Haus in der Furrengasse – außen zwar nicht bemalt, aber innen ebenfalls voller Kunstwerke. Moderne Malerei in historischem Gemäuer.

[O-Ton Rebecca Sisler:]
"In diesem Haus ist das Picasso-Museum, also es sind vorwiegend Picasso-Gemälde und eine Fotogalerie von Picasso, gemacht von Douglas Duncan. Der war der einzige, der Picasso jemals fotografieren durfte. Es sind über 100 Fotografien von Picasso ausgestellt."

Über einen zweiten Holzsteg, die Spreuerbrücke, kehren wir von der Altstadt in die Neustadt zurück – von der Renaissance in die Zeit des Barock. Auffälligstes Bauwerk aus dieser Zeit ist die Jesuitenkirche, ihre Innenwände ganz in weiß gehalten mit roter Stukkatur. Die eindrucksvollen Deckengemälde zeigen Stationen aus dem Leben des Jesuiten und Asiens-Missionars Francicsco de Xavier. Jede der sechs Seitenkapellen ist einem Heiligen gewidmet, eine davon dem einzigen Schweizer Heiligen: Nikolaus von Flüe, genannt: der "Bruder Klaus".

[O-Ton Rebecca sisler:]
"Bruder Klaus war ein Bauer, hatte zehn Kinder, war im Militärdienst, war in der Politik, bis er eines Tages eine Vision hatte und 19 Jahre als Einsiedler lebte und mit seinen guten Ratschlägen Kriege verhinderte."

[Atmo: Kirchenglocken]

Das Zwölf-Uhr-Läuten läutet auch das Ende unserer Stadtführung ein. Rebecca Sisler hat nicht zu viel versprochen: Luzern ist wirklich eine der schönsten Städte der Welt – zumindest eine der schönsten dieser Größenordnung. Einfach riesenhaft, das kleine Luzern – da sind sich die Gäste einig, auch die aus Übersee.

Fritschi-Haus
Picasso-Museum
Jesuitenkirche

[O-Ton Tourist:]
"From what I've seen so far ...
Nach allem, was ich bisher gesehen habe, hat sie absolut recht. Es ist eine wunderschöne Stadt. Alt, aber so strahlend, man sieht so viele Blumen, und an einem sonnigen Tag wie heute wirkt sie besonders schön.
... looking at the beauty of the city."

[O-Ton Tourist:]
"It's very beautiful. I just like ...
Es ist sehr schön. Ich finde es toll, wie sie die alten Gebäude erhalten haben, es wirkt so friedlich, und ich liebe die Berge und das Panorama.
... the mountains and the view around here."

[O-Ton Touristin:]
"Ich finde es schön. Ich finde die Häuserfront schön, die wir gesehen haben von der Kapellbrücke, die ist wirklich irrsinnig schön. Und der See... Na ja, ich liebe Seen und Berge, ich finde keine Stadt schön, die keinen See hat. Also, mir gefällt's!"

Und unserer Stadtführerin gefällt es, dass es uns so gut gefallen hat.

(Atmo-Ton Rebecca Sisler:)
"Ich hoffe, ich konnte auch etwas zeigen, etwas weitergeben, und dass Sie wieder mal kommen nach Luzern. Es gibt noch so viel zu sehen. Vielen Dank und schönen Tag und gute Reise."

 

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