Nouvelle Aquitaine 2

DIE STADT DES WEINES
- Besuch der "Cité du Vin" in Bordeaux

Beim Stichwort "Bordeaux" denken viele wahrscheinlich zuallererst an Wein. Und das völlig zu Recht. Gilt Bordeaux doch geradezu als Inbegriff des französischen Rotweins. Die Umgebung der Hauptstadt von Neu-Aquitanien ist geprägt von Weinbergen. Um die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des Rebensafts zu würdigen, wurde 2016 in einem futuristischen Gebäude am Ufer des Flusses Garonne die "Cité du Vin" (zu deutsch: Stadt des Weines) eröffnet. Sie ist Schauplatz von internationalen Konferenzen zum Thema Wein, unterhält die wohl reichhaltigste Fachbibliothek zum Thema und eine mindestens ebenso reichhaltige Vinothek. Der Clou aber ist die Dauerausstellung, wo Besucher alles Wissenswerte über Wein erfahren können. Ein modernes Museum, das in die Zukunft weist – wie es die Macher formulieren. Digital und interaktiv. Und dank Audio-Guide auch in deutscher Sprache.

Reportage (Radio SWR4 RP, 21.05.2023):

[zum Anhören klicken: Audio-Guide]

"Es gibt etwa 60 verschiedene Rebenarten, aber fast alle Weine der Welt werden aus der selben Art 'vitis vinifera', der europäischen Ur-Rebe gewonnen. Im Laufe der Jahrtausende ist sie auf verschiedene Weise mutiert. Durch Selektion und Kreuzung haben die Winzer aus dieser 'vitis vinifera' Tausende von Sorten entwickelt. Das sind die berühmten Rebsorten."

Hätten Sie's gewusst? Die Geschichte des Weinbaus ist eines der großen Themen in der Cité du Vin. Ein zweites die Geographie. Denn nicht nur in Frankreich hat er eine lange Tradition. Eine interaktive Multivisionswand zeigt, dass Wein mittlerweile fast überall auf der Welt angebaut wird – von A wie Albanien bis Z wie Zimbabwe. Bei der großen Auswahl an verschiedensten Weinen fällt die Entscheidung schon mal schwer, wie in diesem Videofilm, per Knopfdruck abrufbar:

[zuim Anhören klicken: Video-Ton]

"Wein zu trinken ist gut und schön, aber von welchen Trauben, von welcher Rebsorte? Merlot aus Bordeaux, Pinot Noir aus Burgund. Ich möchte gerne den haben, schenk' sie ein."

Futuristisches Gebäude der Cité du Vin
Einfluss des Weins auf Architektur
Video über die Geschichte des Weins

Es gibt viel zu tun für Besucher der Cité du Vin. Auf einem beweglichen Boden können sie sogar ausprobieren, wie es sich anfühlt, wenn man nach alter Väter Sitte die Trauben mit den Füßen stampft. Oder sie können einen Psychotest machen: Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Wein – welche Rebsorte würde zu Ihnen passen? Einfach auf dem Display die Fotos wählen, die am besten gefallen. Der Computer wertet die Klicks aus und gibt die Antwort:

"Sie sind ein Gewürztraminer aus dem Elsass, und es gibt nur wenige Weißweine, die so aromatisch sind wie Sie.Sie verfügen über ein außergewöhnliches, ebenso kräftiges wie subtiles Charisma. Vom ersten Moment verfällt man Ihrem Charme und würde Ihnen bis ans Ende der Welt folgen …"

Na, wer wollte da wohl widersprechen?

Viel zu tun für Besucher
Trauben-Stampf-Simulator
Reichhaltige Vinothek

Das moderne Konzept des Museums kommt an. Wie bei diesem Besucher, der früher selbst im Weinbau tätig war:

[zum Anhören klicken: O-Ton Besucher]

"Ich find's im Prinzip sehr gut, dass solche Orte wie die Cité du Vin hier in Bordeaux entstehen, weil sie doch einer größeren Bevölkerungsschicht die Schwellenangst vor der Weinkultur nehmen, und das ist 'ne verdienstvolle Sache. Von daher kann man sich drüber freuen, dass es so was gibt."

Und am Ende der Tour darf ein Abstecher in die Vinothek natürlich nicht fehlen. Bei Preisen bis zu 3.500 Euro für einen edlen Tropfen ist die Schwellenangst möglicherweise schnell wieder da.

 

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BORDEAUX UND MERLOT
- eine alte Liebe vor dem Aus?

Dass die Rebsorte Merlot mit Bordeaux eng verbunden wird, war oben im Text schon zu lesen. Tatsächlich ist in der Weinregion um die Metropole der Nouvelle Aquitaine keine Traube häufiger vertreten. Und der Rotwein, der aus ihr gepresst wird (inzwischen auch vermehrt Weißwein), gilt als einer der beliebtesten rund um den Globus. Sogar der wohl exklusivste Wein der Welt, der "Château Pétrus" wird aus der Merlot-Traube gekeltert.
Vermutlich hat die Rebsorte ihren Namen von der Amsel, die im Französischen "merle" genannt wird. Der Vogel soll nämlich eine besondere Vorliebe für die Merlot-Traube haben. Vielleicht geht der Name aber auch auf die blau-schwarze Farbe der Traube zurück, die an eine Amsel erinnern mag. Ihr roter Wein ist nach Ansicht von Experten fruchtig und vollmundig bzw. weich und rund. Es kommt eben ganz darauf an, wen man fragt. Häufig wird Merlot mit Cabernet Sauvignon verschnitten. Das nennt man dann Cuvée und hat in Frankreich überhaupt nichts Anrüchiges. Vor allem zu Lamm und Rind soll er gut passen. Am besten selbst ausprobieren!
Eine weitere Eigenschaft des Merlot, nämlich seine Frühreife, hat ebenfalls dazu beigetragen, dass die Winzer um Bordeaux ihn so gerne anbauen. Diese Eigenschaft allerdings könnte ihm noch zum Verhängnis werden. Das jedenfalls befürchtet (nicht nur) die Winzerin Valérie Maulin vom Weingut Château Freynaux. Es befindet sich in Montussan an der "Rive droîte", dem rechten Ufer der Garonne, östlich von Bordeaux. Auch in diesem Anbaugebiet "Entre deux Mers" ist Merlot die vorherrschende Rebsorte. Aber womöglich nicht mehr lange. Warum, erklärt die Winzerin hier auf Französisch:

Valérie Maulin in ihrem Weinkeller

[zum Anhören klicken: O-Ton Valérie Maulin]

"Historiquement, c'est le merlot ...
Historisch gesehen repräsentiert der Merlot am besten die Region Rive Droite, weil die Böden hier sehr lehmhaltig sind, und darauf gedeiht der Merlot besonders gut. Aber das ändert sich gerade, durch den Klimawandel. Die höheren Temperaturen führen dazu, dass die Trauben zu früh reif werden und dadurch zu wenig Süße entwickeln. Deshalb sind wir dabei auf andere Rebsorten umzustellen, auf Sorten, die den Klimawandel besser vertragen und trotzdem lehmhaltige Böden mögen. Das sind zum Beispiel Cabernet genauso wie Malbec oder Petit Verdot. Mit diesen Rebsorten können wir uns besser an die neuen Verhältnisse anpassen.
...  de nous adapter."

 

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*) Foto mit freundlicher Genehmigung des Comité Régional de Tourisme Région Nouvelle Aquitaine

 

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Hier geht's weiter zur Bucht von Arcachon und der Reportage "Nouvelle Aquitaine 3".